Bettina Kudlich
Juraprofessoren an der Universität Erlangen in den Jahren 1933-1945
– Ausbildung und Forschung an der Juristischen Fakultät Erlangen im Dritten Reich –
Die Forschungen zur Universitätsgeschichte haben seit den 1970er-Jahren verstärkt die Rolle der Universitäten im Nationalsozialismus ins Blickfeld genommen, teils in Form von Überblickskapiteln im Rahmen umfassender Darstellungen der Universitätsgeschichte, teils aber auch durch Monographien und Sammelbände zum Schicksal einzelner Universitäten speziell in der NS-Zeit. Neben diesen der jeweiligen Gesamtuniversität gewidmeten Schriften entstanden besonders in den letzten fünfzehn Jahren auch Spezialuntersuchungen zur Geschichte einzelner Juristischer Fakultäten, die ebenfalls teils einen größeren Untersuchungszeitraum behandeln, teils auch speziell die NS-Zeit betrachten (monographisch etwa für Berlin, Bonn, Breslau, Greifswald, Halle, Heidelberg, Jena, Kiel, Münster, Straßburg und Würzburg). Die vorliegende Arbeit, eine an der Universität Regensburg bei Hans-Jürgen Becker entstandene Dissertation, reiht sich in den zuletzt genannten Forschungskontext ein, indem sie speziell die Entwicklung der Juristischen Fakultät der Universität Erlangen in der NS-Zeit in den Blick nimmt. Die bisherigen Forschungen zur Erlanger Universitätsgeschichte haben die NS-Zeit entweder in Form von Überblicksartikeln im Rahmen umfassender Darstellungen der Universitätsgeschichte oder unter speziellen Blickwinkeln (politische Betätigung der Studentenschaft, Bücherverbrennungen, Depromotionen) thematisiert.
Die gut strukturierte Arbeit behandelt in einem ersten Teil die Ausbildung des akademischen Nachwuchses an der Erlanger Juristenfakultät in dieser Zeit. Ausgehend von den für das ganze Reich erlassenen Justizausbildungsordnungen von 1934 und 1939 und der von Kar! August Eckhardt initiierten juristischen Studienreform von 1935 untersucht die Verfasserin, inwieweit es hierdurch zu Änderungen im juristischen Lehrangebot in Erlangen kam. Tatsächlich wurden die bislang an dogmatischen Kategorien ausgerichteten Bezeichnungen der Lehrveranstaltungen durch die von der Eckhardtschen Studienreform vorgegebenen neuen Bezeichnungen wie „Ware und Geld“, „Boden“, „Vertrag und Unrecht“ usw ersetzt. Inwieweit damit auch inhaltliche Veränderungen in den Lehrveranstaltungen einhergingen, ist damit freilich noch nicht gesagt. Der Anteil der einzelnen Fächer am Gesamtlehrangebot änderte sich jedenfalls nur geringfügig. Die auffällig hohen Promotionszahlen an der Erlanger Juristenfakultät (jährlich über 300 zu Beginn der 1930er-Jahre) gingen in der zweiten Hälfte der 1930er-Jahre ganz erheblich zurück, was auf eine Verschärfung der Zulassungsvoraussetzungen zurückzuführen ist. Die Verfasserin sieht nur einen kleinen Anteil der in der NS-Zeit veröffentlichten Doktorarbeiten an der Erlanger Juristenfakultät als "ideologisch geprägt" an und listet 61 (von insgesamt ca 1.600) Arbeiten auf, bei denen dies der Fall sei. Kriterien, aus denen sich die ideologische Prägung ergibt, benennt sie jedoch nicht, so dass sich der Verdacht aufdrängt, dass sie ihre Beurteilung primär auf den Titel der jeweiligen Arbeit stützte, was angesichts der hohen Promotionszahlen zwar verständlich ist. aber kaum zuverlässige Urteile über den Inhalt der Arbeit zulässt. ...
Bernd Mertens, Erlangen
Quelle: Zeitschrift für Neuere Rechtsgeschichten Ausgabe 38. Jahrgang 2016 Nr. 3/4