Der Biologe Werner Schwemmler hat sich mit seinem Werk "On the True Nature of Evolution" ein - in diesem Titel schon anklingendes - ehrgeiziges Ziel gesteckt: Er beabsichtigt eine umfassende und alle Wirklichkeitsbereiche grundsätzlich integrierende Kosmologie; er will Ursprung und Ziel, die innere Logik und die tragenden Strukturen der Weltgenese, die entscheidenden Epochen und Zäsuren der Geschichte des Kosmos beschreiben und erklären.
Der Bogen reicht vom elementaren Aufbau der Materie über die Vielfalt des Lebendigen bis hin zur Sphäre des Geistes und bezieht nicht nur phänomenal die Religion als ein Urdatum des Menschlichen, sondern bemerkenswerterweise auch bestimmte, im weiten Raum des Christentum bis heute antreffbare mystische Überzeugungen und Phänomene (wie den Sündenfall, Engel, Wunder, Visionen und Erscheinungen)unter systematisch relevanter Rücksicht mit ein. Damit will Werner Schwemmler, überzeugt von der Einheit der gesamten Wirklichkeit, zugleich die mittlerweile nicht nur methodisch weit von einander entfernten und nochmals je in sich selbst sehr ausdifferenzierten Naturwissenschaften, die Philosophie und die Theologie in diesem Großentwurf zusammenführen.
Der Autor hat allerdings, vermutlich im Wissen um das Wagnis seines Projektes, einen eigenen theologischen Beitrag des Jesuiten Thomas Rutte in das Buch mit aufgenommen. Mit großer Konsequenz entfaltet Rutte das spezifisch christliche Seins- und Schöpfungsverständnis vom Trinitätsglauben her, setzt es in Beziehung zu anderen, vor allem antiken Seinstheorien und arbeitet eindrücklich heraus, daß Schöpfung als Gegenüber-Sein zu Gott aus der innergöttlichen Differenz heraus entsteht und darin auch ihr Vollendungsziel besitzt, so daß die Weltimmanenz Gottes und die Einigung mit ihm nie das Verlöschen des Geschöpfes, sondern gerade dessen Freisetzung beinhaltet.
Zweifellos ist das Buch, bereichert durch den Theologenartikel, mehrfach verdienstvoll: Der Wille zur Zusammenarbeit, ja zur Integration der Wissenschaften, die sehr informative und didaktisch hervorragend gelungene Darstellung komplizierter naturwissenschaftlicher Sachverhalte, die Neubelebung religiöser Einsichten zur Erhellung unserer Realität, überhaupt das mutige Projekt einer derart umfänglichen Kosmologie als solches machen dieses Werk lesenswert. Es verdient Aufmerksamkeit, auch wenn Vertreter der jeweils bemühten Disziplinen zumindest gegen manche Momente der Synthese Schwemmlers zu Recht Einwände werdeb erheben können. Im Erzeugen einer kontroversen Diskussion über die angesprochenen zentralen Fragen läge jedoch gerade ein weiteres Verdienst des Buches.