Stimme und Sprache sind das wichtigste menschliche Kommunikationsmittel. Eine Stimmstörung (Dysphonie) schränkt die Sprachfähigkeit ein und limitiert dadurch die Kommunikation. Dies hat nicht nur negative Auswirkungen auf das Sozialleben, sondern auch auf das Arbeitsleben der betroffenen Personen und der damit verbundenen finanziellen Konsequenzen.

Vorrangig bei der Behandlung einer Erkrankung die zur Störung der Stimmbildung führen, ist ein umfassendes Verständnis der zugrundeliegenden Morphologie und Physiologie der stimmbildenden Organe. Teil der Stimmgebung sind die Oszillationen der Stimmlippen während der Phonation, welche Druckschwankungen im ausgeatmeten Luftstrom erzeugen und als Ton bzw. Stimme wahrgenommen werden. Der Fokus dieser Arbeit liegt auf diesen Oszillationen. In Pathologien weichen die Vibrationsmuster von denen gesunder Stimmlippen ab, d.h. sie sind weniger periodisch, regulär und/oder symmetrisch.

Um tieferes Verständnis der Bewegungen der Stimmlippen bei der Phonation zu gewinnen, wird eine neue Methode in dieser Arbeit vorgestellt. Basierend auf der Stereotriangulation erlaubt diese es, die dreidimensionalen, irregulären Stimmlippenoszillation durch die Rekonstruktion der gesamten Stimmlippenoberfläche zu erfassen. Der Messaufbau besteht aus einer Hochgeschwindigkeitskamera und einem LASER-Projektor. Beide Elemente erlauben eine einfache Miniaturisierung für einen zukünftig vorgesehenen in vivo Einsatz durch die Verwendung eines Endoskops und Fiberoptiken. Die Hochgeschwindigkeitskamera ermöglicht eine hohe zeitliche Auflösung, welche für die Aufnahme von irregulären Stimmlippenschwingungen notwendig ist. Der LASER-Projektor projiziert ein Strahlenbündel auf die Stimmlippenoberfläche, was ein regelmässiges Gitter aus LASER-Punkten auf der Oberfläche erzeugt. Diese Gitter wird dann von der Kamera erfasst. Für die Rekonstruktion der Stimmlippenoberfläche müssen die Punkte aus der Kameraufnahme extrahiert werden. In dieser Arbeit werden die dafür notwendigen Algorithmen vorgestellt, d.h. die Bildverarbeitung für die Kalibrierung, die Segmentierung der LASER-Punkte aus den Aufnahmen, die Rekonstruktion der 3D Koordinaten und die anatomisch korrekte Interpolation der gesamten Stimmlippenoberfläche.

Die Rekonstruktion wird in einer experimentellen Studie auf zwei exzidierte Kehlköpfe angewendet. Dazu werden die Kehlköpfe in einem Aufbau für in vitro Versuche untersucht. Der Aufbau erlaubt die Reproduktion der Stimmgebung. Zusätzlich können asymmetrische Stimmlippenspannungen erzeugt werden, wie sie z.B. bei funktionellen Dysphonien vorkommen. Die 3D Rekonstruktion und Einbringung von Asymmetrien zur Untersuchung der Korrelationen zwischen 2D, 3D und akustischen Parametern sind Alleinstellungsmerkmale dieser Studie machen sie damit zur Ersten dieser Art. Signifikante Korrelation zwischen der Stimmlippenbewegung und dem produzierten Stimmsignal sind erkennbar, wobei eine Mehrheit der Korrelationen zwischen 3D Parametern und Akustik existiert. Zusätzlich wird eine Liste an aussagekräftigen Parametern erstellt. Diese enthält 4-7 Parameter pro Datensatz (2D, 3D, Akustik), was eine immense Reduzierung im Gegensatz zur Anzahl der ausgewerteten Ausgangsparameter darstellt. Dadurch kann sich der Aufwand der zu berechnenden und auszuwertenden Grö¨sen bei gleicher Aussagekraft in zukünftigen Studien verringern.

Keywords: Funktionelle Dysphonie; Stimmlippenbewegung; 3D Rekonstruktion; Phoniatrie

Kommunikationsstörungen - Berichte aus Phoniatrie und Pädaudiologie